Wir wären nicht in Europa, wenn es nicht auch für Schwimmwesten Normen geben würde.


Aber im Gegensatz zu Biegekurven von Bananen sind diese Normen nicht unsinnig, denn sie definieren die Unterschiede zwischen Schwimmwesten mit teilweise sehr verschiedenen Eigenschaften. Da die Formulierungen sich auch auf die Verwendung im gewerblichen/Arbeits-Einsatz beziehen, haben wir kurze, gekennzeichnete Anmerkungen für den Einsatz auf Segelbooten eingefügt.

Die Europäischen Normen wurden von der CEN/TC 162/WG 6 "Rettungswesten" in enger Zusammenarbeit mit der ISO/TC 188/WG 14 "Persönliche Sicherheitsausrüstungen" erstellt. Das zuständige deutsche Gremium ist der DIN-Arbeitsausschuss NA 112-04-04 AA "Wasserrettungs- und Sicherheitsmittel" des NASport.
Die Norm DIN EN ISO 12402 besteht aus mehreren Teilen mit dem Haupttitel "Persönliche Auftriebsmittel". Hierunter sind Rettungswesten und Schwimmhilfen zu verstehen.

DIN EN ISO 12402-2:
Die Norm legt die sicherheitstechnischen Anforderungen für Rettungswesten, Stufe 275, fest. Diese Stufe gilt vorrangig für den Einsatz im Hochsee-Bereich bei extremen Bedingungen und für Personen, die zusätzliche Gewichte mitführen und zusätzlichen Auftrieb benötigen. Sie ist ebenfalls vorgesehen für Benutzer, die Bekleidung tragen, in der sich Luft ansammeln kann und die die Fähigkeit der Rettungsweste zur Selbstaufrichtung beeinträchtigt. Mit den Rettungswesten der Stufe 275 soll erreicht werden, dass der Benutzer in sicherer Lage schwimmt, wobei sich Mund und Nase oberhalb der Wasseroberfläche befinden.
[Anmerkung: Hier handelt es sich in der Regel um Automatikwesten. Der vergleichweise hohe Auftrieb dreht den Träger schnell und zuverlässig in die sichere Rückenlage. Zudem schwimmt man etwas höher auf als mit einer Weste mit weniger Auftrieb. Allerdings bedingt der hohe Auftrieb auch eine voluminösere und schwere Weste und somit leichte Einbußen im Tragekomfort und der Beweglichkeit. Für den Einsatz auf der Hochsee würden eine Weste der 275N-Klasse dennoch unbedingt empfehlen.]

DIN EN ISO 12402-3:
Die Norm legt die sicherheitstechnischen Anforderungen für Rettungswesten, Stufe 150, fest, die von Erwachsenen von durchschnittlicher Größe und durchschnittlichem Gewicht für die allgemeine Anwendung benutzt werden. Eine Rettungsweste dieser Stufe dreht eine bewusstlose Person in eine sichere Schwimmlage, und es sind keine weiteren Tätigkeiten des Benutzers erforderlich, diese Schwimmlage beizuhalten.
[Anmerkung: Die sogenannten 150N-Westen sind wohl die gebräuchlichsten Automatikwesten. Sie sind recht leicht, bequem und behindern den Träger kaum. Auf Binnen- und küstennahen Revieren würden wir sie empfehlen. Auch der Einsatz beim Hochseesegeln ist nicht unüblich, hier ist aber u.U. eine Weste der 275N-Klasse sinnvoller. Es sind neben Automatikwesten aber auch 150N-Feststoffwesten am Markt. Diese sind zwar im Verhältnis zu Automatikwesten recht günstig, aber aufgrund ihres hohen Volumens sperrig und nicht sehr bequem.]

DIN EN ISO 12402-4:
Die Norm bezieht sich auf sicherheitstechnische Anforderungen für Rettungswesten, Stufe 100, die von Erwachsenen durchschnittlicher Größe und durchschnittlichen Gewichts in geschützten Gewässern und von Schwimmern in offenen Gewässern benutzt werden. Die Westen dieser Stufe sind für Personen bestimmt, die in geschützten Gewässern auf Rettung warten müssen. Rettungswesten dieser Stufe sollten nicht unter schweren Bedingungen verwendet werden.
[Anmerkung: Bei Westen der 100N-Klasse handelt es sich fast ausnahmslos um Feststoffwesten. Diese erfüllen ihren (Rettungs-)Zweck problemlos. Aufgrund ihres im Gegensatz zu Automatikwesten dauerhaft hohen Volumens sind sie aber nicht sonderlich bequem und schränken die Bewegunsgfreiheit stärker ein.]

DIN EN ISO 12402-5:
Die Norm legt die sicherheitstechnischen Anforderungen für Schwimmhilfen mit einem Auftrieb von mindestens 50 N fest. Diese Schwimmhilfen sind nur für die Benutzung durch gute Schwimmer in Ufer- oder Küstennähe oder dort bestimmt, wo Hilfe und Rettung schnell gewährleistet sind. Diese Auftriebshilfen sind bequem zu tragen, jedoch nicht für unruhige Gewässer geeignet. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Benutzer über einen längeren Zeitraum sicher unterstützt wird. Die Schwimmhilfen haben nicht genügend Auftriebskraft, um Personen zu schützen, die sich selbst nicht helfen können, und erfordern eine aktive Mitwirkung des Benutzers.
[Anmerkung: Hier kommen wir in eine echte Zwickmühle: Aufgrund der Beschreibung in der Norm könnte man auf die Idee kommen, hier handele es sich um einen besseren Schwimmring. Das ist aber keineswegs so: Westen der 50N-Klasse (auch "Regattawesten" genannt) tragen den Schwimmer in der Regel ohne sein Zutun. Allerdings sind sie nicht ohnmachtssicher, da sie den Kopf bei Ohmacht nicht zwingend über Wasser halten. Diese Westen empfehlen wir Seglern auf sportlichen Boote wie Jollen und Katamaranen, da sie ein Maximum an Bewegungsfreiheit bieten. Automatikwesten der 150N-Klasse bieten zwar auch eine hohe Bewegungsfreiheit, aufgrund ihrer selbstauslösenden Automatik sind sie auf Booten, die häufiger einmal kentern, nicht sonderlich sinnvoll.]

Die Normenreihe DIN EN ISO 12402 ersetzt seit 2007 die EN-Normen:
DIN EN 393: Schwimmhilfe 50N
DIN EN 394: Zubehörteile
DIN EN 395: Rettungsweste 100N
DIN EN 396: Rettungsweste 150N
DIN EN 399: Rettungsweste 275N


Mit freundlicher Unterstützung der Fa. SECUMAR - Bernhardt Apparatebau, Holm